Rezension: Große Ärsche auf kleinen Stühlen

Große Ärsche auf kleinen Stühlen - Benni-Mama

Eine Kindergartenmutter packt aus!

Beschreibung des Verlages:
»Elternabend oder Darmspiegelung? Vor die Wahl gestellt würde ich lieber zum Arzt gehen!«
Benni-Mama weiß, wovon sie spricht: Intrigen und Korruption, Mobbing und Machtspiele kommen nicht nur unter Managern vor. Wo Jungs- und Mädchenmütter, Erzieher der alten Schule und Kuschelpädagogen sich auf kleinen Stühlen zum Elternabend treffen, um einen Laternenumzug zu organisieren oder den biologisch korrekten Speiseplan zu erörtern, fliegen die Fetzen. Benni-Mama packt aus.

Meine Meinung:
Dieses Buch hat mich aufgrund seines bunten Covers und des Titels sofort magisch angezogen. Ich habe es im Bücherregal meiner Babysitting-Familie gefunden und immer an den letzten paar Mittwochnachmittagen, wenn die "Kleinen" gerade am Basteln, Malen oder auf dem Spielplatz am Spielen waren, darin gelesen. Es lässt sich gut nebenher lesen, damit man immer noch ein Ohr bei den Kindern hat und ich kam unglaublich schnell voran, weil das Buch sich dank der frischen, witzigen und fröhlichen Sprache nur so weg liest.
Obwohl "Große Ärsche auf kleinen Stühlen" zum Brüllen komisch ist, sind die darin beschriebenen Situationen teilweise so tragisch und dämlich, dass man sich wundern muss, dass es nicht noch mehr Sozialfälle und gestörte Menschen gibt. Bereits vor der Lektüre wusste ich aus anderen Büchern und vielen Erzählungen betroffener Eltern, Studenten und Schüler, dass das Betreuungssystem in Deutschland absolut prekär ist und dass es dann in der Schule leider nicht besser wird (da lobe ich mir das Bildungs- und Betreuungssystem der Schweiz, auch wenn es im Vergleich zu nordischen Ländern auch noch in den Kinderschuhen steckt, aber dies nur am Rande), aber das Buch hier schlägt einfach alles. Primitivste Machtkämpfe, Beleidigungen und Intrigen auf tiefstem Niveau und dies alles mit einer Ernsthaftigkeit, dass es einem Angst und Bange wird, reihen sich im Erlebnisbericht von Benni-Mama aneinander. Und wie bei ähnlichen Lektüren bleibt mir eigentlich nur zu sagen: Schön eigentlich, dass die im Buch beschriebenen Eltern alle so viel Zeit und so wenige Probleme haben, dass sie ihre niederen Triebe auf diese Art und Weise ausleben können. Was ich bei einzelnen Eltern meiner Schülerinnen in abgeschwächter Form erlebe, wird hier auf die Spitze getrieben und als geballte Ladung auf dem Silbertablett serviert. Und trotzdem kann man sich herrlich damit amüsieren, sich lustig machen und manchmal sogar ganz wenig darin wieder erkennen. Wenn die Kinder einer Gesellschaft deren Zukunft sind, dann sind wohl die Eltern dieser Kinder der Spiegel der Gesellschaft und ist es nicht manchmal förderlich, ab und zu in diesen so gnadenlos ehrlichen Spiegel zu blicken?

Schreibstil und Handlung:
Benni-Mama erzählt anonym und direkt aus dem Nähkästchen heraus in der ich-Form von ihrem Alltag als auf ihr Kind reduzierte Mutter und unterhält damit wunderbar. Ihr sehr trockener Humor passt gut zum Buch, da die blosse Schilderung von Situationen meistens bereits ausreicht, um den Leser zum Lachen zu bringen. Wenn Benni-Mama dann noch einen spitzen Kommentar anbringt oder ihre persönlichen Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringt, gibt es kein Halten mehr.
Ihr frischer Stil, der Galgenhumor und die Tatsache, dass sie den widrigen Bedingungen zum Trotz (fast) immer guten Mutes bleibt, hat in mir eine grosse Bewunderung geweckt. Dass sie an gewissen Situationen aber auch ein wenig selbst die Schuld trägt, weil sie bereit ist, alles für ihr Kind zu opfern, Benni-Papa dabei aber immer aussen vor lässt - und sogar bereit ist, die Familie mit diesem sich stetig aus der Verantwortung ziehenden, immer mit Arbeit beschäftigten und für ihre Probleme tauben Mann noch zu vergrössern - hat mich anfangs ein wenig gestört, aber dies ist meine persönliche Sicht.
Das Buch lässt sich sehr gut nebenbei lesen, da die einzelnen Kapitel oft in sich geschlossen sind und einzelne Szenen beleuchten, die man gut noch kurz vor dem Schlafengehen oder an der Bushaltestelle lesen und dann wieder beiseite schieben kann. Die erfrischende Sprache und die gelungene Zusammestellung der einzelnen Episoden macht jedenfalls Lust auf mehr.

Meine Empfehlung:
Dieses Buch lege ich euch allen - mit Kindern/mit Schülern/mit Patenkindern/oder ohne - ans Herz, da es neben den vielen spannenden, witzigen, tragisch-komischen und somit auch lehrreichen Episoden aus dem Kindergarten in erster Linie beste Unterhaltung bietet und ich kann mir gut vorstellen, auch noch den zweiten Band von Benni-Mama zu lesen.

Zusätzliche Infos:
Titel: Große Ärsche auf kleinen Stühlen
Autorin: Benni-Mama: Seit ihr Sohn Ben einen Kindergarten besucht, hat sie keinen Namen mehr. Auch keinen Beruf und keine Hobbys. Sie ist nur noch »Benni-Mama«, also die Mutter von Ben. Zumindest für die anderen Eltern … In ihrem eigenen Leben außerhalb des Kindergartens ist Benni-Mama freie Journalistin und Autorin. Die Mutter eines Kindergartenkindes engagiert sich in einer Elterninitiativ-Kita. Auch deshalb schreibt sie unter Pseudonym.
Taschenbuch: 240 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: S. Fischer Taschenbuch
ISBN: 978-3-596-19716-3


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2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für Deinen Kommentar bei mir.
    Ja, ein bisschen Angst macht das Buch, aber ich denke, das meiste ist doch ein bisschen übertrieben (hoffe ich zumindest). Hier bei uns (im Osten Deutschlands) ist es zum Glück noch nicht ganz so schwer, einen Kita Platz zu finden, da doch noch vielmals alte Strukturen herrschen - und auch wenn vieles in der ehemaligen DDR im argen lag, Kinderbetreuung konnten sie!!!!
    Liebe Grüße Anett.

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    1. Liebe Anett

      Ich kann es halt einfach nicht beurteilen, weil die Situation und auch das ganze Bildungswesen in der Schweiz zum Glück wesentlich weniger dramatisch, knapp und unaugereift sind. Von Freundinnen aus Deutschland weiss ich aber leider, dass sie solche und ähnliche Situationen täglich antreffen und dass die Betreuungsplätze wirklich extrem knapp sind (oder privat und um so teurer), was eine totale Klassengesellschaft generiert und so einfach nicht sein sollte.

      Da hast du wahrscheinlich recht. Manchmal sind alte, ein wenig langsamere Strukturen nämlich gerade in diesen Situationen gar nicht so schlecht, weshalb es wohl in der Schweiz (noch) klappt :-).

      Ganz liebe Grüsse dir
      Livia

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