Kurzrezension: Platzspitzbaby

Platzspitzbaby, meine Mutter, ihre Drogen und ich - Michelle Halbheer

Beschreibung des Verlages:
Michelle Halbheers Mutter gehört der Platzspitz-Generation an; schwerst drogenabhängig vernachlässigte und gefährdete sie nicht nur sich selber, sondern auch ihr Kind. Michelle ist knapp zehn, als sich ihre Eltern scheiden lassen und sie in die Obhut ihrer heroin- und kokainabhängigen Mutter kommt. Die folgenden Jahre werden für das Mädchen derart bedrohlich, dass es nur knapp überlebt. Das Elend dringt, auch über den besorgten Vater, immer wieder nach draußen. Aber Behörden, Ärzte, Polizeibeamte und zufällig involvierte Erwachsene bleiben untätig. Als Michelle endlich über das Unfassbare spricht, ist sie bereits ein Teenager. Sie wird umplatziert. Doch der Neuanfang bei den Pflegeeltern gerät, im dort streng religiösen Umfeld, zu einer weiteren Katastrophe. Als Michelle mit sechzehn ihr Leben selbst in die Hand nimmt, weiß sie noch immer nicht, was Normalität bedeutet. Etwas anderes jedoch weiß sie ganz genau: dass sie niemals so enden will wie ihre Mutter. Mit großer Willensanstrengung setzte die heute 28-Jährige in den folgenden Jahren um, was viele andere Kinder aus Drogenfamilien leider nicht schaffen: Sie machte eine Ausbildung und – sie blieb suchtfrei. Mit dem jetzt vorliegenden Buch will Michelle allen anderen »vergessenen Kindern«, die noch heute zu Tausenden in Suchtfamilien aufwachsen, eine Stimme geben. Ihre.

Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich vor zwei Jahren zu Weihnachten bekommen. Der Liebste hatte es mir gekauft. Wohlwissend, wie sehr mich das Schicksal der jungen Michelle Halbheer nach einem Zeitungsartikel berührt hatte. Zwei Jahre lag das Buch dann auf meinem SuB, trotz Aktualität und Bücherwunsch (ein Anlass mehr, mein Konsumverhalten zu überdenken) und dieses Jahr habe ich dann endlich dazu gegriffen und es nicht bereut. Kurz vor Weihnachten konnte ich die berührende Geschichte einer starken Frau beenden. Eine Geschichte, die trotz Ohnmacht und Kopfschütteln meinerseits Mut macht.
Michelle Halbheer schreibt von einer katastrophalen Drogenpolitik, von versagenden Ämtern und Beiständen, von einer Kindheit im Glück, die plötzlich zerstört wird und von einem Millieu, das sie als Kind kennen, hassen und verstehen gelernt hat. Trotz der Liebe zu ihrer Mutter verlor die kleine Michelle diese immer mehr an die Drogen und als ihrem Vater nach der Scheidung auch noch das Sorgerecht entzogen worden war, lernte sie schon als kleines Kind das Drogenmillieu in Zürich, Beschaffungskriminalität, Hunger und Gewalt kennen. Trotz den verzweifelten Versuchen ihres Vaters, Michelle aus der Obhut ihrer Mutter und der Szene zu befreien, blieb seine Stimme lange ungehört und als Michelle dann schliesslich in einer extrem religiösen Familie platziert wurde, musste sie zuerst zu sich selber finden, bevor sie langsam aber sicher wieder beginnen konnte, vorwärts zu schauen.

Meine Empfehlung:
Dieses Buch ist harte Kost. Und trotzdem macht die berührende Geschichte einer starken, jungen Frau Mut. Mut, nicht aufzugeben, nicht wegzuschauen und für sich und sein Glück zu kämpfen. Deshalb möchte ich euch dieses Buch sehr ans Herz legen.
Michele Halbheer war auch bei Markus Lanz:


Zusätzliche Infos:
Titel: Platzspitzbaby, meine Mutter, ihre Drogen und ich
Autorin: Michelle Halbheer wuchs bei einer schwer drogenabhängigen Mutter auf, die Ende der Achtzigerjahre auf dem Zürcher Platzspitz verkehrte, der als »Needle Park« traurige internationale Berühmtheit erlangte. Ihre Kindheit überlebte die heute Dreißigjährige nur knapp. Mit ihrem Buch möchte sie auf das Schicksal der vergessenen Kinder aufmerksam machen, denn das Problem ist aktueller denn je: In Deutschland leben gegenwärtig vierzig- bis sechzigtausend Mädchen und Jungen in Familien, in denen zumindest ein Elternteil harte Drogen konsumiert. In der Schweiz spricht man von rund viertausend Kindern. Hilfe bekommen die wenigsten. Michelle Halbheer sagt: »Christiane F. wurde ihr Sohn weggenommen. Ein Glück, das viele andere Kinder nicht haben.«
Gebunden, mit Schutzumschlag: 224 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: Wörterseh
ISBN: 978-3-03763-035-8

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